Mein Hund schaut mich nicht an – was dahinter steckt

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Hund schaut mich nicht an

Als ich mit meinem ersten Hund die Hundeschule besuchte, war er bereits 11 Monate alt. Ja, auch ich gehörte zu denjenigen, die dachten, was soll bei einem so winzigen Hund schon schiefgehen, und beschränkte mich auf die Hundekontakte aus dem Bekanntenkreis. Als dann eben diese Hundebegegnungen zunehmend stressiger wurden und noch dazu unerwünschte Verhaltensweisen auftraten, suchte mir eine Hundetrainerin, die ich als passend empfand und buchte zum Auftakt eine Einzelstunde.

Die erste Lektion – eine Überraschung

Im Einzelgespräch zählte ich alle Probleme auf, mit denen ich mich konfrontiert sah. Die Liste war mittlerweile lang. Das war vor 6 Jahren, und der Beginn meiner Reise mit meinen mittlerweile drei Hunden, bei der sich Frust, Spaß, Abenteuer und ständiges Dazulernen abwechseln. In diesem Erfahrungsbericht geht es um die erste bedeutende Frage, die mir die Trainerin stellte, nachdem sie mich aufforderte, mit meinem Hund an der Leine den Weg abzulaufen, zwischendurch mal stehenzubleiben und ab und zu die Richtung zu wechseln. Als ich wieder bei ihr ankam, fragte sie mich:

Ist dir schonmal aufgefallen, dass dein Hund dich überhaupt nicht anschaut?

Die Frage verwirrte mich so sehr, dass ich gar nichts antworten konnte. Nein, das war mir natürlich nicht aufgefallen, und überhaupt, was wollte sie mir damit sagen?

Der schaut in der Gegend rum, kümmert sich um seinen eigenen Kram. Er interessiert sich nicht die Bohne für dich.

Das saß. Und ärgerte mich. Mein Hund und ich, wir waren doch ein tolles Mensch-Hund-Team, ein “Dreamteam” sozusagen. Zumindest, wenn keine äußeren Einflüsse da waren, wie ich zugeben musste. Abends auf dem Sofa kuschelten wir (natürlich war mir auch nie aufgefallen, dass er sich dabei immer leicht verkrampfte und das eigentlich gar nicht toll fand, das lernte ich erst in der nächsten Lektion). Wir machten tolle Spaziergänge in der Natur (mein Hund führte mich, nicht ich ihn, Lektion drei). Und wenn ich mit ihm spielte und tobte, war er voll dabei (in Wirklichkeit war er nervös und aufgestachelt, ja, ich habe viele Lektionen gebraucht, das alles zu verstehen). Er liebte mich doch abgöttisch und es stand für mich außer Frage, dass er unser Zuhause als das Beste empfand, das ihm passieren konnte.

Die Bereitschaft zur Selbstreflexion

Kurz überlegte ich, ob ich die Hundeschule direkt wieder wechseln wollte, entschied aber, da ich die Stunde schon bezahlt hatte, zumindest zuzuhören. Anstatt Leinenführigkeit zu üben oder ihm abzugewöhnen, Fahrradfahrer und andere sich bewegende Objekte zähnefletschend anzukläffen, verbrachte ich meine ersten zwei bis drei Hundestunden damit, eine Situation herzustellen, in der mein Hund mich wirklich anschaut. Nicht ständig, aber immer wieder. Und bis heute bin ich meiner Hundetrainerin für diese wichtige Lektion dankbar, denn sie brachte mir bei, Hundesprache zu lernen, ihre Körpersprache zu lesen und ihr Verhalten zu verstehen. Von Woche zu Woche ein bisschen mehr.

Manche Viertelstunde habe ich damit zugebracht, ganz still zu stehen und zu warten, bis mein Hund, den ich neben mir abgesetzt hatte, zu mir aufsah, um ihn dann zu loben. Bald war das geschafft. Wenn ich nun darauf wartete, einen Strasse zu überqueren, saß er neben mir und schaute mich an, wartend, was als nächstes passiert. Wenn er beim Spaziergang mal vorauseilte, drehte er sich in regelmäßigen Abständen zu mir um, um “nachzufragen” ob es noch okay ist. Wenn wir auf dem Hundeplatz Übungen in der Gruppe machten, bewies er nicht nur außergewöhnliches Talent, sondern schaute mich dabei unentwegt an. Irgendwann sagte meine Hundetrainerin:

Schau mal, jetzt hat er nur noch Augen für dich

Dieser vermeintlich kleine, erste Schritt war so wichtig für alles was folgte, denn nur dadurch gelang es mir, die Basis für eine echte Bindung zu schaffen. Es dauerte nur wenige Monate, bis wir so weit waren, dass ich meinen Hund Freiheiten erlauben konnte, die ich vorher nie für möglich gehalten habe.

Erziehung durch Beziehung - ein wichtiger Grundstein und in meinem Fall ein voller Erfolg.

Was es dir zeigt, wenn dein Hund dich anschaut

Zunächst einmal ist es ein Teil der Kommunikation zwischen dir und deinem Hund, wenn er dich anschaut. Verhaltensforscher haben herausgefunden, dass ein Hund in deinem Gesicht lesen kann wie in einem offenen Buch. Indem er dich anschaut oder sogar regelrecht anstarrt, stellt er eine erste wichtige Beziehung zu dir her und versucht dich zu verstehen. Es ist ein Ausdruck der Zuneigung und auch des Respekts. Manchmal natürlich auch Mittel zum Zweck, wenn er etwas erbetteln möchte.

Wenn deine Fellnase dich anschaut, zeigt sie dir, dass sie aufmerksam ist und interessiert auf dich reagiert. Außerdem kann ein Hund, der dich anschaut:

  • besser lernen und sich an Befehle erinnern, da er in der Lage ist, deine Körpersprache und nonverbalen Signale wahrzunehmen.
  • besser verstehen, was Du von ihm erwartest und was er tun soll. So kann er sich besser anpassen und wohler fühlen.
  • besser verstehen, wie Du dich fühlst und kann Dir besser folgen, wenn du ihm Anweisungen gibst. Es gibt ihm Sicherheit und Orientierung, und es wird einfacher, ihm Gehorsam beizubringen.

Wenn du erreicht hast, dass dein Hund mit seiner Aufmerksamkeit bei dir ist, bei dir sein WILL, dann ist das der Beginn einer langen Freundschaft, und alles was folgt fällt auf fruchtbaren Boden.


Melanie RoloffMelanie Roloff ist dreifache Mutter, Ehefrau und Tierbesitzerin. Als leidenschaftliche Yogalehrerin und Hobbyautorin inspiriert sie Menschen mit ihren Geschichten. Gemeinsam mit ihrer Familie und ihren zwei Hunden Phaléne Lilly und Chihuahua Sammy, lebt sie in Bayern.


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