Mensch-Hund-Team: Tests zeigen, warum Hunde uns brauchen!

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Mensch-Hund-Bindung

Christoph Jung berichtet von den neuesten Erkenntnissen der Canine Science Conference, die im Oktober 2017 in Arizona stattfand. Dabei ging es auch um Forschungen und Erkenntnisse zu Mensch-Hund-Beziehungen:

Wir haben schon gesehen, dass Hunde hoch entwickelte Gefühle haben und sogar emotional ganz ähnlich wie wir Menschen ticken. Das hat sich noch nicht überall herumgesprochen. Auf manchen Hundeplätzen werden sie behandelt wie gefühllose Wesen, wie Roboter. Auf dem einen Hundeplatz fühlt man sich auf einem Kasernenhof und auf anderen Hundesportplätzen sieht man die Hunde immer wieder nur auf eine Stelle schauen, die Hand an der Futtertasche. Hier werden sie behandelt wie ein Futterautomat. Nur umgekehrt ein Roboter, der nicht Futter spendet, vielmehr nur per Leckerli zur Aktion zu bringen ist. Auf beiden Hundeplätzen wird unser bester Freund seines eigentlichen Wesens beraubt. Hunde sind hoch-soziale Lebewesen und keine Roboter. Weder Druck, noch Elektrohalsband oder Leckerli-Salven sind die eigentliche Triebfeder, die Hunde zu den erstaunlichen und in der Natur einmaligen Leistungen mit uns Menschen antreiben.

Mensch-Hund-Team: Bindung wichtiger als Leckerli

In Studien hat man Hunde zwischen Streicheln durch ihre Halter und Leckerli als Belohnung wählen lassen. Das Streicheln zeigte sich als eine gleich starke, oft sogar stärkere Belohnung. Das zeigen gleich mehrere aktuelle Studien, die Ende 2017 auf der ersten „Canine Science Conference“ in Phoenix, Arizona, vorgestellt wurden. Hunde suchen aktiv unsere Nähe und unsere Anerkennung. Das beginnt bereits im Welpenalter. Interessanterweise zeigen Hunde bereits in den ersten Lebenswochen eine deutlich andere Orientierung als Wolfswelpen. Die interessieren sich – im Gegensatz zu Hundewelpen – von Natur aus nicht für uns als Sozialpartner. Für die Erziehung und Ausbildung unseres Hundes ist eine enge emotionale Bindung zu seinen Menschen wichtiger als das Konditionieren per Leckerli. Der Hund will uns gefallen. Viele Hunderassen suchen geradezu die Arbeit mit uns Menschen. Es ist ihm ein inneres Bedürfnis. Es tut ihm gut, wenn es uns gut geht.  Hundeleute nennen das auch „will-to-please“.

Hunde wollen den gemeinsamen Erfolg

Das besonders Interessante an dem Ganzen: Uns geht es im Grunde genauso! Beim Umgang mit unseren Hunden werden dieselben Hormone und Gehirnregionen aktiv, wie bei unseren Fellnasen. Das gilt besonders auch für die Freude über gemeinsame Erfolge beim Hundesport, über eine gemeinsame Wanderung in der Natur und in besonderer Weise bei den arbeitenden Hunden. Der Hund hat sich in der gemeinsamen Arbeit mit und für uns Menschen entwickelt. Der Erfolg bei der gemeinsamen Arbeit – oder dem Hundesport – ist für ihn ebenso wichtig wie für uns. Dem Border Collie ist das Hüten der Schafe im Dienste seines Hirten zu einem ersten Lebensbedürfnis geworden. Er braucht unsere Zuwendung, aber keinen Anreiz per Leckerli. Seine Belohnung ist das Erleben der Anerkennung und der Eintracht mit seinen Menschen. Natürlich ist das individuell und besonders auch bei den einzelnen Hunderassen unterschiedlich ausgeprägt. Sie sind über Jahrtausende auch für unterschiedliche teils sogar gegensätzliche Aufgaben gezüchtet worden.

Hundeseelen im Tierheim

Wie sehr Hunde unsere Zuwendung brauchen, zeigt sich auf tragische Weise in den Tierheimen. Das weitgehende Fehlen sozialer Einbindung ist das größte Problem dieser Hunde. Auch diesem Thema widmen sich eine Reihe aktueller Studien. Sie haben immer dasselbe Ergebnis: Bei den meisten Hunde zeigen bereits kurze Phasen der Zuwendung durch Menschen deutlich messbare positive Ergebnisse. Lisa Gunter von der Arizona State University untersuchte anhand der Cortisol-Konzentration im Urin den Stress-Level der Hunde. Aus fünf verschiedenen Tierheimen wurden Hunde für ein oder zwei Nächte in eine Pflegefamilie gegeben. Die gute Nachricht: Bereits eine solche kurze Phase des sozialen Kontaktes zeigt ein deutliches Absinken des Stress-Niveaus. Die schlechte: Nach dieser kurzen Phase der Erholung steigt das Stress-Niveau der Hunde binnen weniger Tage wieder auf den alten Stand.

Verantwortung für den besten Freund

Solche Ergebnisse verdeutlichen, welch großen Stellenwert die Freundschaft zu uns Menschen bei Hunden hat. Vielleicht nehmen sie diese ernster als wir selbst. Fakt ist, dass wir Menschen für unsere Hunde verantwortlich sind. Sie sind von uns vollkommen abhängig. Wenn es Probleme mit Hunden gibt, so sind es meist wir Menschen, die hier in der Verantwortung stehen. Tierheime müssten nicht voll sein mit Hunden (oder Katzen oder anderen Heimtieren). Die breite Masse der Hunde in Tierheimen ist nur das sichtbare Ergebnis einer völlig ungeregelten und ungehemmten (Über-)Produktion von Hunden. In der EU gibt es praktisch nichts, was nicht durch seitenlange, amtliche Pamphlete reguliert ist.

In der Hundezucht ist das anders. Jede und jeder darf Hunde „züchten“ und EU-weit vermarkten. Hierzu bedarf es keinerlei Anmeldung, Richtlinien, Fachkunde, keiner Zulassung, Kontrolle oder einer sonstigen Verpflichtung. Hier fehlt die Zuwendung durch uns Menschen vollständig. Im Interesse des Wohls unserer Hunde wären gesetzliche Mindeststandards für die Zucht sehr sinnvoll. Der Handel mit Hunden sollte verboten werden. Züchter und Zuchtverbände sollten einer unabhängigen Kontrolle, ähnlich einem TÜV, unterstellt werden. Sie sollten verpflichtet sein, für ihre „Produkte“ Sorge zu tragen, wenn ihr Käufer den Hund nicht mehr halten will oder kann. Dann wären die Tierheime binnen kurzer Zeit leer. Den Hunden bliebe viel Stress und Leid erspart.

Wir Menschen sind für Hunde der wichtigste Sozialpartner

Hunde sind, wie Wölfe und Menschen, hoch-soziale Lebewesen. Mit dem Domestikationsprozess hat sich der Hund in die Sozialordnung des Menschen integriert. Er wurde zu seinem Rudel. Seit mehr als 30.000 Jahren gehen wir gemeinsam durchs Leben. Man passt aufeinander auf,  jagt und arbeitet zusammen und wärmt sich gegenseitig in kalten Nächten. Das schweißt zusammen, auch emotional. Der Mensch wurde zum wichtigsten Sozialpartner des Hundes. Wir sind dem Hund wichtiger als der Kontakt zu anderen Hunden. Den will er, den braucht er auch, alleine schon, aber nicht nur, zur Fortpflanzung. Aber wir sind ihm das Wichtigste.

Die gute Mensch-Hund-Bindung tut beiden gut

Der emotionale Kontakt zu uns Menschen und die soziale Anerkennung sind für ihn die wichtigste Basis des Wohlbefindens, wie der psychischen Gesundheit. Darauf deuten alle Tests und Studien hin. Daher sollten wir bei eventuellen Verhaltensstörungen die Qualität der Mensch-Hund-Bindung immer im Auge haben. Leckerlis versüßen das Leben.

Leckerlis zur Festigung der Bindung

Du kannst die Bindung zu deinem Hund festigen helfen. Ich gebe meinen Hunden regelmäßig Leckerlis. Ich freue mich genauso, wenn ich ihre Freude sehe mit der sie das Leckerli erwarten und dann genüsslich darauf herumkauen. Aber ich gebe Leckerlis nicht als Belohnung für eine Tat. Ich gebe es zur Festigung unserer Bindung und schlicht auch weil es uns allen Freude bereitet – in Maßen natürlich. Das Gewicht und die Gesundheit müssen wir natürlich immer im Auge behalten.

Stimmt das emotionale Verhältnis, sind deine Hunde eh gewillt, deine Wünsche zu erfüllen, dir zu gefallen. Das sieht natürlich bei einem Bulldog wie meinem Bruno im Konkreten ganz anders aus als etwa bei meiner Husky-Hündin Mary. Und wenn irgendwo etwas Fressbares herum läge, würde mein Podenco-Mix Zander sogar die „heilige“ Begrüßung am Feierabend um ein paar Sekunden nach hinten verschieben und mich kurz warten lassen. Der Moment wäre seiner Jugend als Dorfhund in Spanien geschuldet. Da war der schnelle Zugriff auf Fressbares eine Überlebensfrage. Hunde brauchen unsere Zuwendung – emotional im täglichen Leben wie auch bei der Regelung grundlegender Rahmenbedingungen ihres Lebens.

 


Christoph JungChristoph Jung Seit seiner Kindheit gehören Hunde zu den besten Freunden des Hundeforschers. Die Beziehung Mensch – Hund ist für ihn ein faszinierendes Thema, das ihn täglich beschäftigt und für das er sich auch öffentlich engagiert. Aus seiner täglichen Forschung entstand das Buch „Tierisch beste Freunde“. Jung lebt mit seiner Familie und seinen Hunden in der Nähe von Halle.


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