Ameisen – gemeinsam sind sie stark!

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Ameisen

Ungefähr 80 % aller bislang beschriebenen Tierarten zählen zur Klasse der Insekten. Die Zahl noch nicht beschriebener Arten ist vermutlich genau so groß, umfasst also ebenfalls ca. 1 Mio. Arten. Doch nicht nur die Artenzahl, sondern auch die Zahl der Einzeltiere ist beeindruckend. Hier fallen besonders Ameisen auf, bei denen manche Spezies eine Koloniengröße von bis zu 500.000 Individuen umfassen. Während sich Wirbeltiere durch zunehmendes Intelligenzverhalten auszeichnen, sind bei Insekten die Instinktleistungen unübertroffen. Gerade Ameisen zeichnen sich durch Kastenbildung und Arbeitsteilung im staatengründenden Sozialverhalten aus.

Faszinierende Evolution

Im Laufe der bisherigen Evolution haben sich innerhalb der Gruppe der Ameisen einige beeindruckende Besonderheiten entwickelt, die im Tierreich einzigartig sind. Beispielsweise transportieren Blattschneiderameisen Unmengen an pflanzlicher Masse, wie Gras oder Blätter ins Nest. Sie fressen diese Biomasse allerdings nicht, sondern zerkauen sie und verwenden sie als Substrat, um darauf einen speziellen Pilz aus der Gattung der Egerlingsschirmlinge (Leucoagaricus) wachsen zu lassen, von dem sie sich ernähren. Diese Ameisen betreiben sozusagen einen „Pilzgarten“.

Auch die Honigtopfameisen sind eine wahre Besonderheit: Diese werden so genannt, weil ein Teil der Arbeiterinnen von Artgenossinnen gefüttert werden. Die versorgten Tiere verwerten aber das aufgenommene Futter nicht unmittelbar, sondern bewahren die zuckerhältige Lösung („Honig“) in ihrem Hinterleib auf. Die besagten Ameisen sitzen bewegungslos an der Decke des Ameisenbaus und harren als „Honigtopf“ der Dinge. Bei Bedarf, z. B. bei Nahrungsknappheit, wird die gespeicherte Nahrung wieder an andere Arbeiterinnen abgegeben und die „Honigtöpfe“ selbst wieder bewegungsfähig.

Eine dritte beeindruckende Gruppe stellen die Treiberameisen dar. Diese zeichnen sich durch räuberische Nahrungsstreifzüge aus, an denen häufig bis zu hunderttausend Individuen teilnehmen und bei denen sogar größere Beutetiere zum Opfer fallen. Auch das gesamte Nest samt Brut zieht regelmäßig um und wechselt den Standort. Daher werden sie auch Wanderameisen genannt.

Aber nicht nur diese exotischen Besonderheiten sind der Rede wert, auch unsere heimischen Ameisen weisen faszinierende Fakten vor. So halten zahlreiche Arten Läuse als „Nutztiere“, um wertvollen Honigtau zu ernten. Dabei verteidigen sie ihre „Kühe“ sogar vor größeren Feinden, wie beispielsweise Marienkäfern.

Ein paar Anmerkungen zur Biologie

Ameisen bilden den bisherigen Höhepunkt der Evolution sozialer Insekten und leben in einem Staat, einer sogenannten Kolonie, zusammen. Diese umfasst neben einer oder mehreren Königinnen,Ameise den sogenannten Gynomorphen (auch kurz Gyne genannt), auch Arbeiterinnen (teilweise auch Soldaten) und zum Zwecke der Fortpflanzung männliche Geschlechtstiere. Ameisen zählen zur Insektenordnung der Hautflügler (zu dieser Gruppe zählen auch Wespen, Bienen und Hummeln) und werden zu der Familie Formicidae zusammengefasst. In Deutschland sind ca. 115 Arten beschrieben, in Europa ca. 175. Weltweit gibt es mindestens 11.000 Arten. Der Verbreitungsschwerpunkt liegt in den tropischen Regenwäldern. Der Ameisenkörper gliedert sich in drei deutlich abgrenzbare Teile: Kopf, Mesosoma (Mittelleib) und Gaster (Hinterleib). Die vermutlich wichtigsten Körperteile stellen die Fühler dar, die der Wahrnehmung verschiedenster chemischer und thermischer Reize dienen.

Ameisen und ihre Rolle im Ökosystem

Häufig werden Ameisen eher abschätzig behandelt. Als „Zuckerräuber“ sind sie unbeliebt. Der Griff zum Insektengift liegt leider bei vielen menschlichen Zeitgenossen sehr nah. Dabei erfüllen Ameisen besonders wichtige Rollen in verschiedenen Ökosystemen. Als Jäger und Aasverwerter dezimieren sie Schadinsekten oder vertilgen tote Tiere, zersetzen diese weiter und machen sie somit als Biomasse für den Nährstoffkreislauf verfügbar.

Ebenfalls besonders bedeutsam ist die Verbreitung von Pflanzensamen durch Ameisen: Angepasste Pflanzensamen werden verschleppt. Diese besagten Samen verfügen über Anhänge, die reich an Lipiden, Kohlenhydraten, Proteinen, Stärke und Vitaminen und von daher für Ameisen hochattraktiv sind. Beim Transport zum Nest werden häufig die Anhänge bereits auf dem Weg verzehrt und der Samen liegen gelassen oder aber der Anhang wird erst im Nest verzehrt und der Samen im Anschluss aus dem Nest entfernt. In beiden Fällen kann der Samen keimen und trägt so zur Verbreitung der Pflanze bei. In einigen europäischen Laubwäldern sind 30 – 40 % aller krautigen Pflanzen auf Ameisen zur Samenverbreitung angewiesen (z. B.: Viola, Corydalis, Ajuga, Hepatica, Melica, Silene, Anemone etc.).

Einige Ameisen, wie z. B. die Gelbe Wiesenameise, bauen riesige Nester unter der Erde und durchlüften dabei den Boden, wovon insbesondere Pflanzen stark profitieren. In manchen Gegenden schichten Ameisen ebenso viel Erde um wie Regenwürmer!

Auch die Trophobiose ist ein nennenswerter Aspekt: Als Trophobiose bezeichnet man die Wechselbeziehung zu Honigtauerzeugern, also um eine symbiotische Beziehung zwischen einem Lebewesen, das Nahrung Ameisenanbietet und einem zweiten Lebewesen, das diese Nahrung aufnimmt und dafür eine Gegenleistung erbringt (z. B. Schutz). Oft handelt es sich bei der angebotenen Nahrung um Körperausscheidungen oder Ähnliches. Ein sehr bekanntes Beispiel für Trophobiose ist die Beziehung zwischen Ameisen (Formicidae) und Blattläusen (Aphidina), bei der die Blattlaus Honigtau abgibt und von der Ameise Schutz erhält. Diese Wechselbeziehung wird von Gartenbesitzern zurecht als pflanzenschädigend empfunden. Wegen der Vielzahl an positiven Bedeutungen sollte man aber hier eine gewisse Toleranz üben!

Ameisen als Haustiere?

Viele Leute im Verwandten- und Bekanntenkreis haben sich etwas irritiert geäußert, als ich ihnen erzählt habe, dass ich mir Ameisen als Haustiere zugelegt habe. Als ich mich dann beim Schwarmflug im vergangenen Jahr auf die Suche nach begatteten Königinnen gemacht habe, waren manche kurz davor, Hilfe für mich zu organisieren. Nachdem ich aber im Vollbesitz meiner geistigen Fähigkeiten meiner Begeisterung Worte verliehen habe, wurde der Arzt doch nicht gerufen.

Für mich sind Ameisen faszinierende Geschöpfe, da sie in riesigen Gruppen zusammenleben und eine strenge Ordnung samt Arbeitsteilung leben. Bei Ameisen zählt nur die Gemeinschaft, der Einzelne ist nur als Teil des Kollektivs bedeutsam. Die Königin legt zwar Eier und sorgt für das Wachstum der Kolonie, sie wäre aber ohne ihr „Volk“ ziemlich aufgeschmissen. Somit ist auch sie nur ein Teil des Gesamtsystems und nicht „überragend“.

AmeisenBei der Haltung von Ameisen lassen sich typische Verhaltensweisen intensiv beobachten. Insbesondere die Aufzucht von Larven und Puppen ist ein spannendes Unterfangen. Die Jagd auf Beute und das gemeinsame Erlegen und Zerlegen sind gleichsam grausam und schön.

Einige heimische Arten sind auch für Anfänger der Terraristik geeignet und können problemlos gehalten und gepflegt werden. Will man auch bei einer kleinen Koloniegröße mit bloßem Auge etwas erkennen können, so empfehle ich die Art „Braunschwarze Rossameise“, eine der größten heimischen Spezies.

Hinweise zur Haltung

In der gebotenen Kürze kann ich dir hier nur ein paar grundsätzliche Hinweise und Empfehlungen geben, ohne einen Anspruch auf Vollständigkeit zu erheben. Zur Haltung benötigst du im Prinzip ein besonderes Terrarium (hier: Formicarium), Formicariumdas aus zwei Teilen besteht, nämlich aus einer Arena („normales“ Terrarium; wird von den Ameisen zur Nahrungsbeschaffung genutzt) und einem Nest (dieses besondere Terrarium besteht aus zwei nah beieinanderliegenden Glasplatten, in denen Substrat wie Sand-Lehm-Mischung, Kork mit Aushöhlungen oder Gips mit Aushöhlungen; dient der Aufzucht der Brut). Diese beiden Teile müssen logischerweise miteinander verbunden sein. Ferner benötigst du eine Tränke (diese ist idealerweise mit Watte abgedichtet, sodass die Ameisen bei der Wasseraufnahme nicht ertrinken) und Futternäpfe (ideal sind hier Spender, die im Fachhandel angeboten werden). Zusätzlich empfehle ich dir für die Arena einen dünnen Sandboden (ggf. mit Lehmanteil) und diverse natürliche Ergänzungen, wie z. B. Zapfen, Kastanien, Moos usw.

Als Futter werden Honiglösung und Zuckerlösung angeboten, so wie proteinreiche Kost, z. B. Larven („Mehlwürmer“) oder Fliegen. Bei der Haltung heimischer Ameisen benötigst du keine zusätzliche Wärmequelle. Zimmertemperatur ist in der Regel ausreichend. Du musst auf jeden Fall auf eine ausreichende Befeuchtung des Nests achten, ohne dabei die Brut zu überschwemmen oder durch Dauernässe Schimmelbildung zu provozieren. Einzige Schwierigkeit bei der Haltung der meisten heimischen Ameisenspezies ist die Überwinterung. Diese sollte bei ca. 5° -10 °C erfolgen und von ca. November bis März andauern und dabei darfst du nicht vergessen, für ausreichend Trinkwasser zu sorgen. Die Verdunstungsverluste in Kellerräumen sind enorm groß!

Fazit

Hat einem erst einmal das Ameisenfieber gepackt, wird man in verschiedensten Internetforen und Plattformen auf zahlreiche Gleichgesinnte stoßen, mit denen man über sein „Hobby“ fachsimpeln kann. Bei der großen Anzahl an zur Haltung geeigneten Arten gibt es immer Neues zu berichten und Vieles zu entdecken! Und eines kann ich dir versichern: Der Blick in den eigenen Garten und in die Natur vor den heimischen vier Wänden wird definitiv ein anderer sein! Du wirst überrascht sein, wie viele Kolonien in deinem näheren Umfeld daheim sind, wo genau sie leben, was sie fressen, wann sie sich paaren, usw., um nur ein paar Dinge zu nennen.

 


Michael Freund ist hauptberuflich Lehrer an einer bayerischen Mittelschule mit einem Faible für die belebte Natur. In seinem Studium absolvierte er Biologie als Didaktikfach. Nebenbei engagiert er sich als Autor für diverse Zeitschriften und ist tatkräftiges Mitglied in verschiedenen Vereinen, unter anderem bei den „Sukkulentenfreunden Passau“.


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