Spielaggression bei Katzen

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Spielaggression bei Katzen

Katzen sind kleine Raubtiere. Mit spitzen Zähnen und Krallen ausgestattet können sie nicht nur ihren Beutetieren den Garaus machen, sondern auch der menschlichen Haut ordentlich wehtun. Manchmal wirkt ihr Spiel mit uns grob und endet mit einem lauten Aufschrei, wenn sich die Katze mit Vorder- und Hinterpfoten fest in unsere Haut krallt. Unser Arm ist inklusive unserer Reaktion auf das beherzte Zupacken für sie zur perfekten Beute geworden. Woher kommt es, dass manche Katzen im Spiel derart über die Stränge schlagen und was kannst du bei Spielaggression bei Katzen tun?

Grobes Spiel – früh übt sich

Zwischen der dritten und zwölften Lebenswoche lernen kleine Kätzchen, mit Artgenossen oder anderen Lebewesen – angemessen – zu interagieren. Sie raufen und balgen miteinander und messen gemeinsam ihre Kräfte. Doch wird das Spiel zu heftig, unterbricht einer der Beteiligten und gibt damit eine unmittelbare Rückkopplung, dass der Spaß nur weitergeht, wenn sich das zu grob raufende Kätzchen ein wenig zurückhält. Auch die Katzenmutter sorgt mit dem einen oder anderen gezielt platzierten Knuff in der Erziehung für ein angemessenes Sozialverhalten ihrer Jungen.

Spielaggression bei Katzen betrifft häufig allein aufgewachsene Katzen oder solche, die zu früh von ihrer Mutter und den Geschwistern getrennt wurden. Ihnen gehen mitunter beim Spielen buchstäblich die Krallen durch. Sie haben einen angemessenen Kräfteeinsatz beim Raufen nicht oder nur unzureichend gelernt. Allerdings tragen auch wir Halter mitunter dazu bei, dass ein an und für sich toll sozialisiertes Kitten auf die schräge Bahn beim Thema Spielen gerät und sich die Spielaggression bei Katzen entwickelt. Oft sind es die bevorzugt körperlich raufenden jungen Kater, die während des Heranwachsens Gefallen am Balgen mit unserer Hand und/oder unserem Unterarm finden. Wer dann auf dieses Spiel eingeht, weil das Kätzchen dabei so putzig ist und (noch) niemanden verletzt, lehrt sie, dass auch wir eine wunderbare Beute abgeben. Die Hemmung, fest zuzuhauen oder uns mit Vorder- und Hinterpfoten zu umklammern und wie auf eine erbeutete Maus kräftig einzutreten, fällt mit jedem turbulenten Spiel weiter. Irgendwann tut die Kralle dann doch weh, wir autschen auf, versuchen, die Katze von unserem Arm abzuschütteln und animieren sie damit umso mehr, diese wehrhafte „Beute“ zu erlegen. Ein Teufelskreis beginnt aus zu grobem Spiel, Gegenwehr unsererseits und steigendem Vergnügen des felinen Jägers - die Spielaggression bei Katzen schleicht sich langsam ein.

Nicht nur unsere Hände und Unterarme können von allzu stürmischem Spiel betroffen sein. Nackte Fußzehen oder wackelnde Beine unter der Decke animieren ebenso zur Beutejagd. Es ist nur allzu verlockend, das kleine Wesen auf den nackten Fußzeh stürmen zu lassen während man selbst gemütlich im Bett liegt. Jedoch bewegen wir uns später im Schlaf ganz unbewusst oder laufen im Sommer barfuß durch die Wohnung – und für die Katze ist der Fuß im Zweifel immer Beute oder eben nie. Du solltest daher grundsätzlich mit deiner Katze nicht mit Händen oder Füßen spielen, sondern stets auf adäquates Spielzeug ausweichen. Hat die Katze erst einmal gelernt, dass deine Extremitäten für sie Beute sind, ist es oft schwer, dieses schmerzhafte Spiel zurück in angenehme Bahnen zu lenken.

Spielaggression bei Katzen positiv umlenken

Zeigt deine Katze Tendenzen zu grobem, körperlichem Spiel oder haut sie bereits ihre Krallen allzu fest in deine Haut, präpariere dich zunächst mit einem adäquaten Ersatzspielzeug. Es sollte groß und robust genug sein, dass es der Grobian mit Vorder- und Hinterpfoten umfassen und kräftig darauf eintreten kann. Stabile Kuscheltiere oder fest gestopfte Baumwollsocken leisten ähnlich gute Dienste.

Starte nun die nächste Spielsession mit deinem gefährlichen Minitiger, wobei du ihm nicht mehr deine Hand, sondern das neue Spielzeug anbietest und ebenso beuteähnlich bewegst wie zuvor deine Hand. Je häufiger du ihm die neue Attrappe schmackhaft machen kannst, desto besser, und so solltest du sie möglichst immer griffbereit haben, um die Spiellaune deiner Katze jederzeit abfangen zu können. Solltest du einen leidenschaftlichen Fußjäger beherbergen, achte darauf, wenn er das nächste Mal mit großen Pupillen unter einem Stuhl lauert oder im Flur mit dem Popo wackelnd darauf wartet, dass du barfuß ins andere Zimmer gehen möchtest – und lenke diese eindeutigen Anzeichen für Jagdlaune direkt auf das Ersatzspielzeug um.

Trotzdem erwischt – und jetzt?

In der Umgewöhnungsphase wird es dir vielleicht nicht immer gelingen, den Fokus von dir umzulenken und dein eifriger Jäger tut dir doch mit seinen Krallen weh. Versuche unbedingt, trotzdem möglichst ruhig zu bleiben und so wenig wie möglich auf diese schmerzhafte Attacke zu reagieren. Denn – je heftiger du aufschreist oder deinen Arm wegreißt, desto spannender bist du leider damit für deine Katze. Umgekehrt wird die „Beute Arm“ uninteressant, wenn sie nicht auf das Jagdspiel eingeht, sondern weitgehend schlaff liegenbleibt – und dabei Platz für das viel spannendere Spielzeug macht. Atme also tief durch, wenn du einer Attacke standhalten musst, lenke auf das Spielzeug um und versuche, beim nächsten Mal noch früher die Spiellaune deiner Katze zu erkennen und frühzeitig abzufangen – damit eure gemeinsame Zeit wieder für beide Seiten spaßig und schmerzfrei werden.


Carmen SchellCarmen Schell, Inhaberin von Cattalk®, ist als ausgebildete Tierpsychologin (ATN) mit dem Fachgebiet Katze im Rhein-Main-Gebiet, überwiegend rund um Darmstadt und Frankfurt sowie im Online-Coaching tätig. Sie bietet professionelle Unterstützung bei allen Fragen zu der Haltung und Problemverhalten von Samtpfoten. Neben der persönlichen Beratung gibt sie regelmäßig Vorträge und bundesweite Seminare für interessierte Laien und Profis. Ihr Herz hat die Autorin besonders an Katzen aus dem Tierschutz verloren und engagiert sich ehrenamtlich im regionalen Tierschutz.


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