Imitationslernen: mach es mir nach!

25320
0

Imitationslernen

Das Lernen bei Hunden ist ein sehr umfangreiches und zugleich spannendes Thema. Denn nur wenn wir verstehen, wie Hunde lernen und welche Lernformen es gibt, können wir uns diese Informationen im Alltag oder Training zunutze machen. In diesem Artikel geben wir dir einen Einblick in das soziale Lernen, insbesondere in das Lernen durch Nachahmen. Diese Form nennt sich Imitationslernen. Vielleicht hast du bereits Erfahrungen diesbezüglich sammeln können oder nutzt es bereits gezielt im Training mit deinem Hund?

Imitationslernen und die Voraussetzungen

Wie du bestimmt weißt, lernen Hunde immer und zu jeder Tageszeit, sowohl ganz bewusst als auch unbewusst. Bereits als Welpe lernen Hunde von ihrer Mutter und in Kommunikation mit ihren Wurfgeschwistern. Auch nachts verarbeiten Hunde gelernte Prozesse. Jedoch lernt jeder Hund stets auf seine eigene Art und Weise. Das heißt, er spielt als Individuum mit seinem persönlichen Charakter dabei die Hauptrolle. Ebenso nehmen seine gemachten Erfahrungen und sein angeborenes Verhalten Einfluss auf sein Lernverhalten.

Damit aber ein Lernen überhaupt stattfinden kann, müssen einige Voraussetzungen erfüllt sein. Nur wenn sich dein Hund in einem entspannten Wohlfühl-Modus befindet, kann er lernen, das bedeutet er sollte weder Angst oder Furcht, geschweige denn Stress oder gar Schmerzen verspüren. Ist er hingegen entspannt, kann er auch erfolgreich lernen. Ein weiterer Aspekt findet sich in der Motivation des Hundes. Diese ist das A und O, um ein erfolgreiches Hundetraining aus Hundehalter- und Hundesicht durchführen zu können. Die Motivation ist der Antrieb, die dein Hund benötigt, um an sein gewünschtes Ziel zu kommen. Dein Hund ist bereit ein Verhalten auszuführen, wenn bestimmte innere und äußere Faktoren ihn dazu veranlassen. Diese inneren und äußeren Faktoren werden als intrinsische und extrinsische Faktoren bezeichnet.

Lernen durch Nachahmung

Dir ist „Lernen durch Nachahmung“ vielleicht auch als „Imitationslernen“ bekannt. Dabei wird ein Verhalten beobachtet und anschließend übernommen. Die Beobachtung zuvor kommt jedes Mal vor dem Nachahmen. Dabei kann das Nachahmen unmittelbar oder erst viel später gezeigt werden. Dies kommt auf die Situation, den nachahmenden Hund und von demjenigen Hund, dessen Verhalten übernommen wird, an.
Hunde können sowohl Artgenossen als auch uns Menschen nachahmen. Gerade Welpen können diese Lernform aufweisen. Sie lernen durch Nachahmung unter anderem von ihren Elterntieren.

Vor- und Nachteile für Alltag und Training

So schön und nützlich diese Lernform auch erscheinen mag, so ergeben sich im praktischen Gebrauch sowohl Vor-, als auch Nachteile. Speziell in der Mehrhundehaltung können sich schnell ungewünschte Folgen daraus entwickeln. Hast du beispielsweise einen Hund, der als gutes Vorbild und Lehrmeister fungiert, können du und andere Hunde davon profitieren. Sie werden diese guten Verhaltensweisen deines Hundes übernehmen können. Zeigt dein Hund allerdings Verhaltensweisen, die du nicht für angemessen hältst, wird sich ein Zweithund diese jedoch ebenso abschauen.

Vorbild für Welpen

Ein gutes Beispiel für solch eine Schwierigkeit im alltäglichen Leben zeigt sich bei Aufnahme eines jungen Hundes, wenn im Haushalt bereits ein älterer Vierbeiner wohnt. Häufig wollen wir uns einen Zweithund ins Haus holen, wenn der Erste bereits älter und erfahrener ist. Dabei werden wir die Aufmerksamkeit in der Regel auch auf den jüngeren Hund legen, da die Ausbildung der adulten Fellnase soweit abgeschlossen ist. Somit können wir in dem Fall von einer gewissen Nachlässigkeit sprechen, die jeden von uns treffen kann. Das wird dir sicherlich auch auffallen, dass ein Welpe oder Junghund mehr Aufmerksamkeit erhalten wird, als der ältere Hund. Dieser läuft meist irgendwie mit. Doch auch der ältere Hund kann Verhaltensweisen an den Tag legen, die der jüngere Vierbeiner übernimmt, ob wir das wollen oder nicht. Bemerken wir nicht, dass der Ursprung des Verhaltens beim älteren Hund liegt, so werden wir immer und immer wieder versuchen, das Verhalten beim jungen Hund zu korrigieren. Ein kleiner Teufelskreislauf!

Du solltest dir also vorab in Ruhe überlegen, ob du mit dem Verhalten deines ersten Hundes zufrieden bist. Und beachte: Auch umgekehrt funktioniert das Lernen durch Nachahmung. Auch die „Oldies“ schauen sich ab, was die Jungspunde zeigen. Lohnt sich das Verhalten nachzuahmen, also, hat der Hund etwas davon, dann wird er es zeigen. Ein weiterer Risikofaktor ist, im Bereich des unerwünschten Jagdverhaltens zu suchen. Denn bei mehreren Hunden kann das schnell ein Selbstläufer werden. Zeigt ein Hund dieses Verhalten und die anderen merken, das dies erfolgsversprechend ist, werden auch diese Jagdverhalten zeigen.

Im Training bietet sich ein Hund als Lehrmeister in bestimmten Situationen jedoch sehr gut an. Hast du beispielsweise einen jungen und wenig ausgebildeten Hund, könnte er in einer fortgeschrittenen Gruppe sehr viel von den anderen Hunden lernen.

Do as I Do – Mach’s mir nach

Beim Thema Imitationslernen wirst Du vielleicht auf die italienische Hundetrainerin, Dozentin und Ethologin Claudia Fugazza gestoßen sein. Diese entwickelte die Trainingsmethode „Do as I Do – mach’s mir nach“. Dabei lernt dein Hund, deine Handlungen zu beobachten und sie anschließend auf Signal hin nachzuahmen. Zu Beginn des Trainings werden Übungen genutzt, die dein Hund bereits kennt. Anhand dieser lernt er Handlungen zu imitieren. Durch Generalisierungsprozesse lernt dein Hund, das gewünschte Verhalten auch in anderen Situationen zu zeigen. Erst, wenn er dies zuverlässig ausführt und umsetzen kann, geht es an das Nachmachen von unbekannten Übungen. Dabei können auch komplexe Verhaltensweisen trainiert werden.

Der Schritt vor dem Training

Damit dein Hund das Imitationslernen erfolgreich absolvieren kann, benötigt er gewisse Voraussetzungen. Er sollte zwei bis drei Signale sicher und zuverlässig ausführen können. Dabei darf sich dein Hund allerdings nicht von deiner Gestik oder Mimik verleiten lassen. Das bedeutet, er sollte deine verbalen Signale nur anhand deiner Worte umsetzen können. Es hört sich leicht an und die meisten Hundehalter sind sich sicher, dass ihr Hund dies auch kann. Aber Hand aufs Herz. Ist jedes Signal wirklich sauber auftrainiert? Oder nimmst du vielleicht auch Gesten als zusätzliche Hilfe oder gar als komplette Alternative zum gesprochenen Signal? Bevor du also diese Trainingstechnik ausprobieren möchtest, solltest du nochmal überlegen, wie du deine Signale aufgebaut hast. Vor allem aber auch, ob dein Hund diese umsetzen kann.

Bist du dir unsicher, ob dein Hund auch wirklich nur auf das verbale Signal hört, bitte einen Hundetrainer um Hilfe. Dieser wird mit dir mittels ein paar gezielten Fragen und Übungen genau dies herausfinden. Wie und welche Art von Signalen du deinem Hund letztlich beibringst, bleibt natürlich dir selbst überlassen. Hier gibt es keine richtige oder falsche Herangehensweise. Nur für das Training „Do as I Do“ sind klar und eindeutig trainierte verbale Signale ohne Körpereinsatz sehr empfehlenswert.

Weitere Handlungen, die dein Hund können sollte, sind das Warten und das Zuschauen. Wenn er eine Handlung beobachten soll, die du ausführst, er sich stattdessen aber lieber mit anderen Dingen beschäftigt, kann er später das gewünschte Verhalten schließlich nicht imitieren.

Was zu beachten ist

Wie bei jedem anderen Training auch ist Regelmäßigkeit und kleinschrittiges Vorgehen hier sehr wichtig. Schließlich willst du deinen Hund nicht überfordern. Die richtige Dosis Übungseinheiten ist ebenso entscheidend. Nur, wenn dein Hund und du konzentriert und mit Spaß trainiert, könnt ihr eure Ziele erfolgreich erreichen. Daher übt lieber in mehreren kleinen Einheiten und dafür regelmäßig, anstelle beispielsweise einer Stunde am Stück. Am besten machst du dir vorab Gedanken, welche Handlungen dein Hund später imitieren soll. Ein genau überlegter Fahrplan zu Beginn hilft euch, ein strukturiertes Training aufzubauen. Mögliche Ideen für zu imitierende Handlungen könnten beispielsweise sein, etwas mit der Pfote zu berühren, über eine Hürde oder ähnliches springen oder auch sich auf etwas draufzustellen. Auch, wenn dein Eifer und Ehrgeiz gepackt sind, nicht alle bekannten Tricks können imitiert werden. Schließlich stellt es sich etwas schwierig dar, für dich Slalom durch die Beine oder „rückwärts einparken“ vorzumachen.

Übungsschritte für das Imitationslernen

Bist du dir sicher, dass dein Hund deine ausgesuchten Signale richtig ausführt, geht es an das Training „Do as I do“. Nehmen wir hier als Beispiel das Überspringen einer Hürde. Zunächst solltest du deinem Hund sagen, dass er warten und natürlich zuschauen soll. Dann folgt dein Einsatz. Du springst über die Hürde. Anschließend gibst du deinem Hund dein Nachahm-Signal und dein bisheriges Signal für das Überspringen der Hürde. Da „Mach’s mir nach“ doch etwas lang ist, könntest du beispielsweise die englische Version „Do it“ nehmen für das Imitieren. Die Reihenfolge ist also „Do it“ und dein bisheriges Signal. Nachdem dein Hund über die Hürde gesprungen ist, wird er natürlich ausgiebig belohnt. Diesen Vorgang solltest du jetzt regelmäßig trainieren. Klingt vielleicht sehr einfach und schnell erledigt. Allerdings kann der Prozess durchaus eine längere Trainingsphase in Anspruch nehmen. Dein Hund gibt das entsprechende Tempo vor.

Sobald dein Hund die ersten Ansätze des Imitierens von sich aus anbietet, kannst du dein altes Signal langsam ausschleichen, bis du es gar nicht mehr brauchst.
Mit deinen anderen ausgewählten Signalen durchläufst du diese Trainingsschritte nun genauso. Führt dein Hund das Imitieren zuverlässig aus, kannst du dich auch an Handlungen wagen, die für deinen Hund (noch) unbekannt sind.

Viel Spaß dabei!


KristinaKristina Ziemer-Falke ist zertifizierte Hundetrainerin und Verhaltensberaterin durch die Tierärztekammer Schleswig-Holstein und das Messerli Forschungsinstitut der Veterinärmedizinischen Universität Wien. Darüber hinaus verfügt sie über viele Zusatzausbildungen und Schwerpunkte und ist im Prüfungsausschuss der Tierärztekammer Niedersachsen für die Hundetrainerzertifizierungen.
Mit ihrem Mann Jörg Ziemer gründete sie das Schulungszentrum Ziemer & Falke, in dem sie seit vielen Jahren mit viel Herz, Leidenschaft und Kompetenz Hundetrainer in ganz Deutschland ausbilden und viele Weiterbildungsangebote anbieten. Viele kennen Kristina außerdem als erfolgreiche Autorin von Fachbüchern für Hundetrainer und Hundehalter sowie aus Artikeln beliebter Hundezeitschriften.


Hilf uns, unseren Service weiter zu verbessern. War dieser Artikel hilfreich für dich?

Kommentare, Fragen und Antworten

Deine E-Mail-Adresse wird nicht veröffentlicht. Erforderliche Felder sind mit * markiert