Beißvorfall gegenüber Menschen

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Beissvorfall

Allgemeines zum Verhalten

Ist es zu einem Beißvorfall gegenüber einem Menschen gekommen, sollte vorurteilsfrei geklärt werden, aus welcher Motivation heraus der Hund gebissen hat. Die Gründe und Umstände können sehr vielfältig sein, daher ist eine gründliche Anamnese besonders wichtig. Viele Faktoren spielen dabei eine zu berücksichtigende Rolle.

Da das Thema sehr umfangreich ist, sollte es von jedem Blickwinkel aus genau betrachtet werden. Im Folgenden stellen wir dir einige beispielhafte Fragen des Anamnesegespräches vor. Hierbei handelt es sich nur um einen kleinen Ausschnitt, der dir einen Einblick in die Komplexität der Aufklärung des Vorfalls gewähren soll:

  • Wer wurde gebissen?
  • Handelte es sich um ein Jagdobjekt (Achtung! Jagdverhalten wird nicht dem Aggressionsverhalten zugeordnet), eine Bedrohung, einen fremden Menschen oder um ein Mitglied der sozialen Gemeinschaft?

Da es sich bei einem Beißvorfall um Aggressionsverhalten handelt, der auch schmerzinduziert sein kann, sind organische Ursachen auszuschließen.

  • Wo hat sich der Beißvollfall zugetragen?
  • Hat der Hund in der Wohnung/im Haus oder auf dem eigenen Grundstück zugebissen?
  • War er dabei angeleint oder lief er frei rum?

Wenn es außerhalb des eigenen Grundstücks passiert ist, sollte der Kontext genauer unter die Lupe genommen werden.

  • Lief der Hund frei oder war er an der Leine?
  • Ist der Mensch dem Hund zu nahe gekommen?
  • Wurde die Individualdistanz des Hundes nicht akzeptiert?
  • Wollte er dem Hund vielleicht etwas wegnehmen?
  • Wie war der Verlauf des Aggressionsverhaltens?

Vielleicht gab es nicht nur einen Beißvorfall, sondern mehrere.

  • Wie hat sich der Hund vor der Situation verhalten und wie hinterher?

Nicht außer Acht zu lassen sind zudem die bisherigen Erfahrungen des Hundes und die Begleitumstände.

  • Konnte der Hund bis dato positive Erfahrungen sammeln und möglichst viel kennenlernen?
  • Wie lief seine Sozialisation und Habituation im Welpenalter ab?
  • Ist seine Entwicklung geprägt von schlechten Haltungsbedingungen, mangelnden, keinerlei Erfahrungen oder einem Trauma?
  • Wie waren der allgemeine Gesundheitszustand und der hormonelle Status des Hundes zum Zeitpunkt des Vorfalls?

Warum hat mein Hund gebissen?

Bei der Klärung der Ursache sind bereits erwähnte Aspekte mit einzubeziehen, um erst einmal eine Bestandsaufnahme zu erlangen. Sie hilft dabei, den Biss und das Verhalten des Hundes richtig einzuordnen.

Wichtig zu wissen ist, dass Biss nicht gleich Biss ist. Ein Abwehrschnappen kann in einer aufregenden Situation vom Hundehalter als extrem heftiger Beißvorfall wahrgenommen werden, obwohl vielleicht überhaupt kein direkter Kontakt mit der menschlichen Haut erfolgt ist. Auch die subjektive Wahrnehmung des Hundehalters muss in jedem Fall berücksichtigt werden, denn nicht jeder kann alle Stressanzeichen zu jeder Zeit sofort erkennen und einordnen. Vielleicht wurden vorab auch die Drohgebärden des Vierbeiners übersehen oder gar nicht ernst genommen.

Wie soll ich mich nach einem Beißvorfall verhalten?

Gerade wenn ein Hund einen Menschen gebissen hat, ist Sicherheit das A und O. Dazu können neben einer kurzen Leine auch der Maulkorb zählen. Mit einem positiv und schrittweise aufgebauten Maulkorbtraining wird ein Hund ohne Stress einen Maulkorb entspannt tragen. Wichtig ist, dass der Maulkorb passgenau sitzt. Im Fachhandel gibt es glücklicherweise eine große Auswahl verschiedener Maulkörbe. Lass dich gerne beraten.

Wenn der oder die Reiz/e identifiziert werden konnten, die zu dem Beißvorfall führten, können Managementmaßnahmen eingeleitet werden, wie beispielsweise die Vermeidung von Konfrontationen mit anderen Menschen. Der Freilauf sollte erst einmal vom täglichen Spaziergang gestrichen werden. Wird der Hund an der Leine geführt, dient das dem Schutz anderer.

Tipps für den Alltag nach einem Beißvorfall

Ist ein Beißvorfall aufgetreten, herrscht zumeist große Unsicherheit, Enttäuschung oder sogar Wut. Versuche, tief durchzuatmen und ruhig zu bleiben. Hab keine Angst vor deinem Hund und versuche, sein Verhalten zu verstehen. Negative Emotionen und Stress können nur noch mehr Druck aufbauen. Suche dir Unterstützung bei einem professionellen Hundeverhaltensberater. Dieser wird dir helfen, das Geschehene aufzuarbeiten und im Detail zu analysieren. Er wird eine Diagnose stellen und gemeinsam mit dir einen Trainingsplan erarbeiten.

Wenn Schmerzen oder körperliche Beeinträchtigungen bei deinem Hund vorhanden und bekannt sind, sollte der Hundeverhaltensberater dies von Beginn an wissen, um das Training darauf abstimmen zu können. Je nach Gesundheitszustand kann auch die Zusammenarbeit von Tierarzt bzw. Tierheilpraktiker und Hundeverhaltensberater längerfristig sinnvoll sein.

Was du noch tun kannst: Informiere dich über die hündische Kommunikation, über Aggressions- und Stressanzeichen des Hundes. Dies kann dir helfen, das Verhalten deines Hundes besser zu verstehen, zu lesen und einzuordnen. Es gibt über diese Themen viele Bücher, Seminare, Workshops und Onlinekurse bzw. Webinare.


KristinaKristina Ziemer-Falke ist zertifizierte Hundetrainerin und Verhaltensberaterin durch die Tierärztekammer Schleswig-Holstein und das Messerli Forschungsinstitut der Veterinärmedizinischen Universität Wien. Darüber hinaus verfügt sie über viele Zusatzausbildungen und Schwerpunkte und ist im Prüfungsausschuss der Tierärztekammer Niedersachsen für die Hundetrainerzertifizierungen.
Mit ihrem Mann Jörg Ziemer gründete sie das Schulungszentrum Ziemer & Falke, in dem sie seit vielen Jahren mit viel Herz, Leidenschaft und Kompetenz Hundetrainer in ganz Deutschland ausbilden und viele Weiterbildungsangebote anbieten. Viele kennen Kristina außerdem als erfolgreiche Autorin von Fachbüchern für Hundetrainer und Hundehalter sowie aus Artikeln beliebter Hundezeitschriften. Als Dozentin ist Kristina Ziemer-Falke sehr gefragt und deutschlandweit auf Seminaren und Vorträgen zu Themen rund um den Hund anzutreffen.


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