Pica Syndrom bei der Katze: Ursachen und Behandlung

Verfasst von Carmen Schell
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Pica Syndrom Katze

Wenn deine Katze am Pica-Syndrom leidet, leidest du wahrscheinlich direkt mit. Diese Form der Verhaltensauffälligkeit bei der Katze kann schnell gefährlich werden. Wir klären dich über die Symptome auf und geben Tipps, wie du deiner Katze helfen kannst.

Was ist das Pica-Syndrom bei Katzen?

Das Pica-Syndrom bezeichnet eine Zwangsstörung, bei der die betroffene Katze unverdauliche Dinge kaut, nuckelt oder sogar schluckt. Der Begriff “Pica” leitet sich von dem lateinischen Namen der Elster “Pica pica” ab und beschreibt damit recht gut, mit welcher Problematik sich Menschen mit einer Pica-Katze auseinandersetzen müssen. Wie auch bei der sprichwörtlichen “diebischen Elster” nutzt die betroffene Katze jede Gelegenheit an das Material ihrer Begierde zu kommen.

Beim Pica-Syndrom handelt es sich nicht etwa um ein harmloses, skurriles Verhalten. Vielmehr kann die Zwangsstörung die Gesundheit deiner Katze schädigen. Je nach Materialpräferenz und Ausprägung der Verhaltensstörung kann es zu Schädigungen der Zähne und/oder des Verdauungsapparates, Erbrechen oder Vergiftungen und insbesondere zu Verstopfungen bis hin zum Darmverschluss kommen – ein lebensbedrohlicher Zustand.

Was löst das Pica-Syndrom aus?

Die Ursachen des Pica-Syndroms sind bisher nicht eindeutig erforscht. Folgende Ursachen können das Pica Syndrom bei der Katze begünstigen:

  • Genetische Prädisposition: Einige Katzenrassen können häufiger betroffen sein.
  • Haltungsbedingungen: Ungünstige Haltungs- und Fütterungsbedingungen sowie vor allem Angst und Stress bspw. durch Umzug kommen als mögliche Ursachen in Frage.
  • Krankheiten: Krankheiten, bspw. eine ausgeprägte Anämie (Blutarmut) oder neurologische Erkrankungen können ebenso zu der Verhaltensstörung führen. In diesem Fall zeigt sich das Pica-Syndrom häufig durch das Fressen mineralischer (Katzen-)Streu.

Das Pica-Syndrom tritt laut Studien-Ergebnissen häufig in einer frühen Lebensphase auf (zwischen dem ersten und vierten Lebensjahr). In gewissem Umfang wird es manchmal bis zum etwa siebten Lebensmonat als natürliches Erkundungsverhalten gezeigt und nimmt bei einigen Tieren im weiteren Heranwachsen wieder ab.

Liegt keine organische Ursache zu Grunde, scheint sich die betroffene Katze mit dem Verhalten zunächst selbst zu beruhigen, was sich letztlich verselbständigt bis hin zu einem stereotypen, sich ständig wiederholenden Verhalten.

Welche Katzenrassen sind besonders von Pica betroffen?

Inwiefern bestimmte Katzenrassen besonders vom Pica-Syndrom betroffen sind, kann heute noch nicht eindeutig gesagt werden. Einige Studienergebnisse berichten eine Häufung bei orientalischen Rassen wie Siamese und Burmese . Neuere Untersuchungen wiederum betonen, dass eine definitive Rasse-Zuordnung bisher nicht hinreichend geschaffen ist.

Was sind Anzeichen für das Pica-Syndrom bei Katzen?

Vom Pica-Syndrom betroffene Katzen fallen auf durch:

  • Vermehrtes Kauen, Lutschen und/oder Schlucken ungeeigneter Dinge und Materialien (zum Beispiel Kabel, Holz, Pappe und Papier). Manche Katzen bevorzugen nur ein bestimmtes Material, andere wiederum sind auf verschiedene Materialien fixiert.
  • Sie scheinen beim Kauen an Dingen mitunter in einen “Tunnel” abzutauchen, sind kaum ansprechbar und scheinen wie in Trance.
  • Lutschen, kauen, nuckeln an Textilien (z.B. Wolle), Schnüren, Bändern oder Kordeln, Plastik oder Gummi.

Wie wird das Pica-Syndrom bei Katzen diagnostiziert?

Zur Abklärung organischer Ursachen können Laboruntersuchungen oder eine bildgebende Diagnostik herangezogen werden. Ist eine körperliche Erkrankung ausgeschlossen, kann ein:e auf Katzenverhalten spezialisierte:r Expert:in in einer verhaltenstherapeutischen Konsultation die Diagnose “Pica-Syndrom” stellen und eine angemessene Behandlung ausarbeiten.

Wie wird Pica bei der Katze behandelt?

Liegt eine organische Ursache vor, steht die medizinische Behandlung der Erkrankung ursachenorientiert im Vordergrund. Einen ebenso wichtigen Bestandteil der Behandlung stellt die Optimierung der Lebens- und Haltungsbedingungen der felinen Patientin dar. Hier empfiehlt sich die Konsultation einer Verhaltensexpertin bzw. eines Experten, um eine individuelle Therapie einzuleiten und auf die weitere Entwicklung der Zwangsstörung anzupassen. In den meisten Fällen stehen neben artgerechten Haltungsbedingungen weitere Trainingsmaßnahmen im Vordergrund, die die Resilienz und Lösungskompetenz des Tiers erhöhen.

In besonders schweren Fällen kann zudem eine medikamentöse Therapie notwendig sein. Nahrungsergänzungsmittel, die angstlösend und entspannungsfördernd sind, können unterstützend wirken.

Was kann ich tun, wenn meine Katze unter dem Pica-Syndrom leidet?

  • Zugang zu bevorzugtem Material einschränken:
    In jedem Fall sollte die Katze möglichst keinerlei Zugang zu den bevorzugten Materialien erhalten, was im Alltag häufig problematisch ist. Je nach Materialpräferenz können Kabelkanäle aus Aluminium, Kindersicherungen und andere Hilfsmittel den Zugang einschränken. Die zumindest temporäre Umstellung auf Pflanzenstreu kann das Verschlucken mineralischer Streu eindämmen.
  • Optimierung von Haltungsbedingungen:
    Da diese Verhaltensstörung in engem Zusammenhang mit Stress und Ängsten der Katze zu stehen scheint, hilf deiner Katze durch eine durchdachte, gut strukturierte Umgebung und artgerechte Auslastung. Rückzugsräume und strukturierte Abläufe geben der Katze Sicherheit und Orientierung, während Futterspiele und mehrfach tägliche solitäre und gemeinsame Beschäftigungen Körper und Geist deiner Katze fit und gesund halten.
  • Soziale Interaktion bieten:
    Lebt das Tier allein, hinterfrage, inwiefern ein passender Sozialpartner deiner Katze zusätzliche soziale Interaktion bieten könnten. Wähle die neue Katzengesellschaft aber besonders sorgfältig aus und achte auf eine langsame, positiv begleitete Vergesellschaftung. Katzen haben ein komplexes Sozialsystem. Es sind gesellige, aber durchaus wählerische und anfänglich häufig skeptische bis abwehrende Zeitgenossen, die für das Kennenlernen eines neuen Partnertiers nicht nur die passende Gesellschaft benötigen, sondern auch eine für sie stimmige Integration.
  • Ersatz anbieten:
    In manchen Fällen kannst du deiner Katze durch Ersatzgegenstände helfen, auf denen sie ungefährlich herumkauen, knabbern und sie auch schlucken kann. Hierfür eignen sich Dörr- oder Trockenfleisch, Matabi-Stick und ähnliches.

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Wie kann man Pica bei Katzen vorbeugen?

Die beste Vorbeugung dieser Verhaltensstörung liegt in einer artgerechten, abwechslungsreichen Gestaltung des Lebensumfelds und Alltags deiner Katze sowie regelmäßigen tierärztlichen Check-Ups, um eine psychische Schräglage zu vermeiden und organische Ursachen frühzeitig erkennen und behandeln zu können.

Bitte beachte, dass diese Tipps keine tierärztliche Untersuchung und Behandlung ersetzen, dir jedoch eine gute Orientierung für den Start geben können. Kläre fragliche Symptome daher bitte unbedingt mit deinem Tierarzt, deiner Tierärztin oder einer Expertin bzw. Experten für Katzenverhalten ab.

Quellen

  • Bradshaw JWS et al. (1997). Factors affecting pica in the domestic cat. Applied Animal Behaviour Science
  • Kinsman et al. (2021). Owner-Reported Pica in Domestic Cats Enrolled onto a Birth Cohort Study. Animals (Basel)

Carmen Schell

Carmen Schell, Katzenpsychologin

Als Katzenverhaltensberaterin und Inhaberin von Cattalk® bietet sie Tierhalter:innen professionelle Unterstützung bei allen Fragen zu Haltung und Problemverhalten von Katzen. Neben der persönlichen Beratung und Online-Coachings gibt sie regelmäßig Vorträge und bundesweite Seminare für interessierte Laien und Profis. Ihr Herz hat sie besonders an Katzen aus dem Tierschutz verloren und engagiert sich ehrenamtlich in regionalen Tierheimen.

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