Katze an Freigang gewöhnen – so geht’s!

Für viele Katzen ist das Leben als Hauskatze mit Freigang eine großartige Sache. Sie können draußen nach Herzenslust auf Erkundungstour und auf die Jagd gehen, während sie im Haus die Vorzüge der menschlichen Obhut genießen. Freigang gibt es aber nicht ohne Risiko. Wie kannst du also deine Katze an den Freigang gewöhnen, damit sie sich draußen möglichst sicher bewegt?

Realistische Erwartung

Wenn du die Tür für deine Katze aufmachst, hast du den Verlauf des ersten Ausflugs nicht mehr wirklich in der Hand, sofern du deine Katze nicht an der Leine hast (auf die kommen wir später noch zu sprechen). Vielleicht mag deine vorsichtige Katze die erste Stunde lang nicht weiter gehen als bis auf die Türschwelle. Womöglich ist deine Abenteuerkatze aber auch im Handumdrehen im Garten der Nachbarn. Richte dich also innerlich darauf ein, so oder so die Ruhe zu bewahren und deiner Katze etwas zuzutrauen. Mit den folgenden Anregungen hast du gute Chancen, den Verlauf der ersten Ausflüge in deinem Sinne zu beeinflussen.

Wie sieht es vor der Haustür aus?

Wie mag der Bereich vor dem Haus auf deine Katze wirken? Sie wird das Bedürfnis haben, sich getarnt zu bewegen, also an Sträuchern und Hecken entlang, unter und neben dem Gartenmobiliar. Wenn ihr nur eine große Rasenfläche vor dem Haus habt und die nächsten Büsche 20 m entfernt sind, wird deine Katze vermutlich ziemlich fix zu diesen Büschen düsen und ist dann ganz schön weit weg. Versuch also, für sie Tarnangebote aufzubauen, z.B. mit Gartenstühlen, Blumenkübeln o.Ä. Dann wird deine Katze eher in der Nähe verweilen und die Umgebung in Augenschein nehmen.

Der richtige Zeitpunkt

Für die normal-neugierige bis abenteuerlustige Katze solltest du für den ersten Freigang folgende Bedingungen wählen: Deine Katze ist hungrig und das Wetter ist nur mäßig gut. Es darf gerne nieseln oder leicht regnen oder in der nächsten Stunde damit anfangen. Dann gibt es nämlich schon zwei gute Gründe für deine Katze, trotz Aufregung und Erkundungsdrang bald wieder vorbeizuschauen. Außerdem sollte noch einige Stunden Tageslicht herrschen, damit du deine Katze sehen kannst. Für deine Katze ist dieser Punkt hingegen nicht so wichtig.

Ist deine Katze hingegen sehr zögerlich, darf es gerne warm sein und die Sonne scheinen – bei Windstille natürlich.

Team mit Grenzen

Biete deiner Katze Begleitung an. Gehe mit ihr zusammen hinaus und mache sie auf die besonders schönen – und sicheren – Stellen im Garten aufmerksam, indem du dorthin vorausgehst. Zeige ihr die geeigneten Wege rund ums Haus und ins nächste Feld (falls vorhanden). Gehe dabei langsam vor und führe deine Katze nicht weiter von der Tür weg, als sie selber gehen möchte.

Achte dabei darauf, deiner Katze ausreichend Freiraum zur Erkundung zu geben. Sie wird sehr aufgeregt und abgelenkt sein und deshalb erstmal schlechter ansprechbar sein als sonst. Wenn du sie die ganze Zeit rufst, wird sie sich wahrscheinlich gestört fühlen. Deshalb hast du bessere Karten, wenn du in der Nähe bist und so tust, als wärst du mit etwas anderem beschäftigt. Du kannst z.B. ein kleines Stöckchen im Gras oder im Laub bewegen. Das könnte deine Katze interessieren. Kommt sie zu dir, dann biete ihr ein Streicheln am Köpfchen oder ein Superleckerchen an. Und dann lass sie wieder ihr eigenes Ding machen.

Das Ende des ersten Ausflugs

Versuche, deiner Katze ausreichend viel Zeit zu geben, um selber das Bedürfnis zu entwickeln, wieder hinein in die vertraute Wohnung zu wollen. Ruf sie also nicht während des Ausflugs schon ständig in Richtung Tür, um zu prüfen, ob sie auch kommen würde. Gerade, wenn du das nicht tust, steigen die Chancen, dass sie angeflitzt kommt, wenn du sie nach ein oder zwei Stunden darum bittest.

Halte dann am besten richtig tolle Highlights bereit, die du ihr dann drinnen präsentierst: Lieblingsfutter, Lieblingsspielzeug, Lieblingskuschelangebot. Deine Katze soll vom ersten Moment an merken, dass es sich lohnt, immer wieder nach Hause zu kommen.

Nächste Etappen

In den nächsten Tagen kannst du die Ausflüge mit deiner Katze wiederholen. Begleite sie am besten erstmal häufiger – mehr oder weniger unauffällig und immer unaufdringlich. Viele Katzen finden es übrigens richtig toll, mit ihren Menschen zusammen draußen zu sein, kleine gemeinsame Spaziergänge zu unternehmen oder bei der Gartenarbeit behilflich zu sein.

Nach und nach kannst du immer mal für kurze Zeiten ins Haus gehen und sie alleine lassen. So gewöhnt ihr euch beide daran.

Katze an die Leine

Wenn deine Katze sehr vertrauensvoll ist und sich gerne überall von dir anfassen lässt, dann kannst du sie vor dem Freigang behutsam an das Tragen von Geschirr und Leine gewöhnen. Nimm dir dafür ein paar Wochen Zeit, damit sie sich damit richtig wohl fühlt und gerne mit dir mitgeht – zum Beispiel auf Ausflüge in den Keller. Klappt das gut, dass kannst du die ersten Ausflüge in die große weite Welt mit ihr zusammen an der Leine machen. Der richtige Freigang kommt dann später.

Achtung: Geschirr und Leine sind keine gute Idee für Katzen, die dazu neigen, in Panik zu geraten und dann kopflos zu werden. Eine Leine verhindert, dass die Katze fliehen kann, und das wiederum kann Panik steigern. Die Katze könnte dann sich selbst, aber auch dich verletzen.

Ausblick

Für dich wird es wahrscheinlich gerade anfangs mindestens genauso aufregend sein wie für deine Katze, wenn sie den Freigang erobert. Und vielleicht fällt es dir auch schwer, sie loszulassen und ihr diese Freiheit zu geben. Als Halter von Freigängern braucht man wirklich immer wieder starke Nerven. Aber einer Katze Freigang zu gewähren, erhöht ihre Lebensqualität in der Regel ungemein. Selbst für die Katzen, die dann nur eine Viertelstunde am Tag wirklich hinausgehen oder den halben Tag ausschließlich auf der Terrasse verbringen. Der Lohn für deine Überwindung wird vermutlich bald eine sichtbar glücklichere und ausgelastetere Katze sein.


Christine Hauschild lebt mit ihrem Kater in Hamburg. Sie betreibt dort seit über 10 Jahren die Katzenschule Happy Miez und berät Halter in allen Fragen rund um das (Problem-)Verhalten ihrer Katzen. Zusätzlich zu ihrer Arbeit als Katzenverhaltensberaterin bietet sie Seminare und Fortbildungen an. Außerdem ist sie Verfasserin mehrerer Katzenratgeber.