Können Katzen weinen?

Eine Träne im Augenwinkel der Katze – ist sie traurig? Was könnte es damit auf sich haben? Wie drücken Katzen Traurigkeit aus? Können Katzen weinen oder überhaupt traurig sein? Wenn du dich schon immer gefragt hast, ob Katzen weinen können: Die etwas unromantische Antwort lautet: Nein. Soweit wir heute wissen, ist Weinen kein Verhalten, das Katzen als Ausdruck von Trauer oder Schmerz zur Verfügung steht. Wir können keine schluchzenden Katzen beobachten, aber auch stilleres Weinen kommt nicht vor.

Was hat es mit Katzentränen auf sich?

Wenn uns etwas in Auge fliegt, dann tränt es typischerweise als Reaktion auf diese Reizung. Wenn bei deiner Katze Tränen laufen, dann hast du es ziemlich sicher mit tränenden Katzenaugen und nicht mit einer weinenden Katze zu tun. Es handelt sich also um ein körperliches Symptom und nicht um den Ausdruck dessen, wie es ihr geht. Für ein tränendes Katzenauge kann es harmlose, aber auch ernstere Gründe geben: Wie bei uns Menschen kann der Tränenfluss durch eine kurze Reizung ausgelöst werden. Das kann z.B. ein kleines Pflanzenteilchen oder ein Katzenhaar, das sich ins Auge verirrt hat sein. Das Auge tränt dann nur kurzzeitig. In diesem Fall musst du nicht aktiv werden. Sollte deine Katze aufgrund der gezüchteten Kopfform ihrer Rasse Probleme mit den Tränenkanälen haben, kläre bitte, ob sie Unterstützung bei der täglichen Pflege benötigt oder weitere Maßnahmen nötig sind.

Besonders aufmerksam solltest du werden, wenn

  • der Ausfluss aus dem Auge nicht klar ist, sondern gelblich
  • deine Katze ein Auge länger als wenige Minuten stark zukneift
  • deine Katze sich über einen längeren Zeitraum wiederholt im Bereich des Auges kratzt oder putzt
  • die Bindehäute und/oder Augenlider geschwollen sind
  • Eintrübungen oder Veränderungen im Auge zu sehen sind
  • offenkundige Verletzungen im oder am Auge vorliegen

In diesen Fällen lass bitte die Augen deiner Katze gründlich untersuchen, ggf. sogar bei einem Fachtierarzt für Augenheilkunde. Mit Entzündungen der Augen oder Verletzungen z.B. der Hornhaut ist nicht zu spaßen. Solche krankheitsbedingten Gründe für tränende Augen können außerdem sehr schmerzhaft sein.

Heißt das, Katzen trauern nicht?

Die wissenschaftliche Antwort lautet: Es ist auch heutzutage noch schwierig, Emotionen bei Säugetieren – inklusive des Menschen – objektiv zu fassen. Gefühle stellen ein inneres Erleben dar, das sich nur teilweise in Körpersprache ausdrückt, und sie gehen mit chemischen Reaktionen im Körper einher. Es wird davon ausgegangen, dass jede Katze als Säugetier mindestens die gleichen Grundemotionen empfinden kann wie wir Menschen, da sie über die entsprechenden Hirnareale verfügt, in denen entsprechende chemische Prozesse stattfinden. Und zu diesen Grundemotionen gehört neben Angst, Wut, Freude, Ekel und Überraschung - auch Trauer bzw. Traurigkeit.

Was für die Wissenschaft noch immer nicht so leicht nachzuweisen ist, ist für dich und mich als Katzenmenschen sicher schon längst klar, weil wir unsere Katzen in ganz unterschiedlichen Stimmungen erleben können: Freudig bei der Begrüßung, übermütig ausgelassen bei den wilden fünf Minuten, wütend oder ängstlich bei Annäherung des verfeindeten Nachbarkaters, frustriert nach zu langem Warten auf den Menschen oder auch angewidert von bestimmten Gerüchen.

Wie merke ich, dass meine Katze traurig ist?

Ähnlich wie auch wir Menschen unterscheiden sich Katzen darin, wie intensiv sie ihre Gefühle ausdrücken. Viele Katzen werden recht unauffällig, wenn sie traurig sind. Sie liegen oder hocken über Stunden am gleichen Platz und starren vor sich hin. Oft merkt man erst durch genaues Hinschauen, dass sie gar nicht schlafen, sondern der Körper etwas angespannt ist und die Augen nicht geschlossen sind. Traurige Katzen nehmen deutlich weniger Anteil an den Alltagsdingen, die ihnen sonst Freude bereitet haben. Sie sind schwer zum Spielen zu motivieren, sie haben weniger Lust, Vögel zu beobachten. Manche ziehen sich auch von ihrem Menschen oder befreundeten Katzen zurück, während andere den Körperkontakt jetzt ganz besonders dringend brauchen. Eine traurig gestimmt Katze wird sich überwiegend langsam bewegen und den Schwanz eher hängen lassen und zum Beispiel nicht zur Begrüßung aufstellen.

Wenn eine Katze eine Partnerkatze oder auch einen geliebten Menschen verliert, etwa durch Tod oder Trennung, kann es zu intensiven Trauerreaktionen kommen. Dazu können mehrwöchige Depressionen gehören, in denen die Katze sich kaum rührt und vielleicht auch nicht fressen mag. Typisch ist das Suchen nach dem verlorenen Sozialpartner. Dabei sucht die Katze Plätze auf, die dieser häufig benutzt hat, wandert durch die Wohnung oder über das Grundstück und miaut dabei klagend bis rufend. Dieses Suchen tritt vor allem dann auf, wenn eine Katze sich nicht von ihrer toten Partnerkatze verabschieden konnte.

Was kann ich tun, wenn meine Katze traurig ist?

Das hängt natürlich davon ab, was deine Katze traurig macht. Bei Verlusten kannst du womöglich ein wenig vorbeugen: Gib deiner Katze die Chance, sich von ihrer toten Gefährtin zu verabschieden, damit sie versteht, dass diese nicht wiederkommt. Wenn ein Mensch absehbar auszieht, dann überlegt als Familie bereits vorher, wie die Beziehungen zu den verbleibenden Haushaltsmitgliedern aufgebaut oder intensiviert werden können. Wenn der Verlust dann da ist, gestehe deiner Katze das Recht auf ein wenig Zeit zur Gewöhnung an die neue Situation zu. Vorschnelle neue Vergesellschaftungen sind oft nicht die richtige Lösung, da viele Katzen sehr individuelle Beziehungen eingehen, die sich nicht einfach ersetzen lassen. Im Einzelfall ist erneute Katzengesellschaft hingegen nötig. Da du in dieser Situation vermutlich ebenfalls traurig bist, lass dich am besten im Rahmen einer Verhaltensberatung unterstützen, um die richtige Entscheidung zu treffen.

Vielleicht ist dir aufgefallen, dass die unauffälligen Symptome für Traurigkeit bei Katzen ziemlich allgemeiner Natur sind. Und dass sie viele Parallelen zu körperlichem Unwohlsein aufweisen. Deshalb ist es immer eine gute Idee, deine Katze gründlich untersuchen zu lassen, wenn sie plötzlich – oder in einem schleichenden Prozess – weniger aktiv am Leben teilnimmt als früher. Futterverweigerung kann auf verschiedene körperliche Leiden zurückzuführen sein. Umgekehrt kann das Einstellen des Fressens im Rahmen einer starken Trauerreaktion schnell zu schweren gesundheitlichen Folgen führen. Besprich mit deinem Tierarzt oder deiner Tierärztin, welche appetitanregenden Mittel zu welchem Zeitpunkt eingesetzt werden sollten.

Falls du keinen akuten Anlass ausmachen kannst, auf den deine Katze mit Traurigkeit reagiert: Setz dich mal ganz in Ruhe in und überlege, Hand aufs Herz, was deine Katze traurig machen könnte. Hat sich im Laufe der Jahre und Monate etwas an eurem Alltag verändert? Bist du noch so engagiert wie in den ersten Wochen? Hat deine Katze genug Ansprache und Kontakt? Oder ist sie vielleicht durch viel Trubel überfordert oder übergriffige Partnerkatzen bedrängt? Greife dir den Punkt heraus, der dir am plausibelsten erscheint. Dann überlege, welche einfachen Dinge das Leben deiner Katze angenehmer machen könnten, und probiere deine Ideen direkt einfach für mindestens 14 Tage aus. Es tut sich nichts? Dann überlege neu und bespreche dich mit katzenkundigen Menschen. Kommt mehr Schwung und Freude in deine Katze? Wunderbar, dann seid ihr gemeinsam auf dem richtigen Weg.

 


Christine Hauschild lebt mit ihrem Kater in Hamburg. Sie betreibt dort seit über 10 Jahren die Katzenschule Happy Miez und berät Halter in allen Fragen rund um das (Problem-)Verhalten ihrer Katzen. Zusätzlich zu ihrer Arbeit als Katzenverhaltensberaterin bietet sie Seminare und Fortbildungen an. Außerdem ist sie Verfasserin mehrerer Katzenratgeber.