Homöopathie bei Tieren

Alternative Heilmethoden gewinnen in der Tiermedizin immer mehr an Bedeutung. Doch was genau bedeutet Homöopathie und wie kann diese Heilmethode für Tiere angewendet werden? Die Heilpraktikerin Tina von der Brüggen beantwortet hier die wichtigsten Fragen zum Thema Homöopathie bei Tieren.

Was bedeutet Homöopathie?

Tina von der Brüggen: Die Homöopathie ist das Werk des deutschen Arztes Samuel Hahnemann (1755 – 1843). Das bis dato unbekannte Wort Homöopathie leitet sich aus den griechischen Bezeichnungen homios = gleich und pathos = Leiden ab und steht für die Grundidee dieses Therapieverfahrens: Nur das homöopathische Mittel kann wirken, das beim Gesunden ähnliche Symptome hervorruft wie die, die es beim Kranken zu heilen vermag. Während also übermäßiger Kaffeegenuss beim Gesunden zu Schlaflosigkeit, Unruhe und Herzklopfen führen kann, kann das homöopathische Mittel Coffea (die lat. Bezeichnung für Kaffee) einem Hund, der unter unermüdlichen Tatendrang leidet, ständig spielen möchte und nie zur Ruhe kommt, als Heilmittel dienen. Im Laufe der Jahre entdeckte Hahnemann, dass die Wirkung seiner Heilmittel umso größer wurde, je stärker er sie verdünnte. Erst durch dieses als Potenzieren bekannte Verfahren erhalten homöopathische Mittel ihre Kraft. Die hinter dem Namen des Heilmittels stehenden Buchstaben C und D stehen für die durchgeführten Verdünnungsschritte (D= 1:10 bzw. C= 1:100). Für die Anwendung durch Laien eignen sich besonders niedrige Potenzen, die bis zur D12 bzw. C12 reichen. Sie wirken in erster Linie auf den Körper, haben aber eine relativ kurze Wirkdauer und müssen deshalb innerhalb eines begrenzten Zeitraumes regelmäßig wiederholt werden.

Was sind die Vorteile von homöopathischen Arzneimitteln?

Tina von der Brüggen: Homöopathie ist niemals nur auf einzelne isolierte Krankheitssymptome ausgerichtet, sondern erfasst das Tier in seiner Ganzheit. Leidet z.B. eine Katze unter Husten, wird dieser nicht unterdrückt, da er einen natürlichen Schutzmechanismus darstellt, mit dem der Organismus versucht eingedrungene Fremdkörper, Schleim oder Erreger zu entfernen. Im Rahmen einer homöopathischen Behandlung werden dem Tier Arzneimittel verabreicht, die seinem Organismus gezielt Impulse zur Aktivierung der Selbstheilungskräfte geben, so dass es sanft, natürlich und vor allen Dingen dauerhaft genesen kann.

In welchen Bereichen können homöopathische Arzneimittel bei Tieren eingesetzt werden?

Tina von der Brüggen: Egal ob Verhaltensauffälligkeiten, akute Verletzungen oder chronische Krankheiten, richtig angewendet kann die Homöopathie so ziemlich alles heilen. Wobei die Betonung auf richtig angewendet liegt, denn mit Ausnahme der typischen Verletzungsmittel, mit denen auch ein Laie seinem Tier bei einer herausgerissenen Kralle, einer eingetretenen Scherbe und ähnlichem helfen kann, erfordert die Auswahl eines homöopathischen Mittels viel Erfahrung und gehört in die Hände von Fachleuten, wie Tierärzten oder Tierheilpraktikern. Denn auch homöopathische Mittel können Nebenwirkungen erzeugen und zwar dann, wenn sie nicht richtig gewählt und/oder in falscher Potenz über einen längeren Zeitraum verabreicht werden. Nie dürfen wir vergessen, dass jedes Mittel genau die Symptome hervorrufen kann, die es zu heilen vermag.

Gibt es Unterschiede zur Anwendung beim Menschen?

Tina von der Brüggen: Hinsichtlich der Anwendung beim Menschen und beim Tier gibt es grundsätzlich keine Unterschiede. Allerdings bildet die Grundlage für die Auswahl eines homöopathischen Mittels eine ausführliche Anamnese, die Fallaufnahme. Hier werden vorliegende Symptome ebenso aufgenommen wie Charaktereigenschaften, Vorlieben und Abneigungen, Eigenarten und Besonderheiten. Die Crux an der Sache: Tiere können ihre Beschwerden sprachlich nicht äußern, so dass der Therapeut bei der Wahl des richtigen Mittels neben seiner eigenen Beobachtungsgabe auf die Mitarbeit des Tierhalters angewiesen ist. Das heißt, je besser dieser sein Tier kennt, je detaillierter er Symptome und Verhaltensänderungen beschreiben kann, desto leichter ist es, das passende Heilmittel zu finden.

Kann jedes Tier mit Homöopathie behandelt werden?

Tina von der Brüggen: Im Prinzip ja, aber es gilt gewisse Einschränkungen zu beachten. Im Rahmen einer homöopathischen Haus- oder Notfallapotheke, die sich für den Laien eignet und darauf ausgelegt ist, Blutergüsse bei Unfällen, Insektenstiche, Schnitt- oder Risswunden u.ä. zu lindern, kann jedem Tier geholfen werden. Dem angefahrenen Eichhörnchen ebenso wie dem eigenen Tier, das wir in- und auswendig kennen. Handelt es sich allerdings um ein chronisches Leiden oder liegen komplexere Symptome vor wie bei einer Erkältungskrankheit mit Husten und Fieber, einer plötzlich auftretenden Lahmheit oder einer Augenentzündung, um nur einige Beispiele zu nennen, müssen bestimmte Voraussetzungen erfüllt sein: Zum einen muss ein Tierhalter zur Verfügung stehen, der die detaillierten Fragen zu unserem vierbeinigen oder gefiederten Patienten beantworten kann, zum anderen muss der Therapeut selbst über fundierte Kenntnisse der zu behandelnden Tierart verfügen. Aus diesem Grund behandle ich persönlich keine Alpakas, die sich in den letzten Jahren immer größerer Beliebtheit erfreuen. Sie unterscheiden sich in vielerlei Hinsicht einfach zu sehr von den Tieren, mit denen ich es normalerweise in meiner Praxis zu tun habe und mit deren Anatomie, Ernährungsgewohnheiten und Verhaltensauffälligkeiten ich vertraut bin.

Was empfehlen Sie Menschen, die noch skeptisch gegenüber Homöopathie für Tiere sind?

Tina von der Brüggen: Als begeisterte Anhängerin der kleinen weißen Kügelchen pflege ich gerne zu sagen: Wenn die Homöopathie Tieren hilft, dann ist ihre Wirkung doch bewiesen. Klingt logisch, denn es ist schwerlich möglich, einem Tier die Wirkung eines Mittels einzureden. Hartnäckige Skeptiker überzeuge ich mit solchen Aussagen aber noch lange nicht. Da hilft nur eins: Ich rate ihnen zum Selbstversuch. Denn wer einmal am eigenen Leibe erlebt wie schnell das homöopathische Mittel Apis mellifica den brennenden Schmerz und die Schwellung nach einem Wespenstich lindert, oder wie die Gabe von einigen Globuli Arnica verhindert, dass sich ein dunkelblauer äußerst schmerzhafter Bluterguß bildet, wenn man sich am Bettpfosten gestoßen hat, der ist für immer und ewig von der Homöopathie überzeugt.

 

Über Tina von der Brüggen

In meinem „ersten Leben“ habe ich als pharmazeutisch-technische Assistentin gearbeitet. Wir Apothekenmitarbeiter wurden regelmäßig von den Pharmagroßhändlern zu Fachfortbildungen, u.a. zum Thema Homöopathie eingeladen. Ich fand das total spannend und fing schon bald an kleinere Wehwehchen bei mir selbst mit homöopathischen Arzneimitteln zu behandeln. Irgendwann nahm ich eine Stelle in einer Apotheke an, in der tagtäglich großen Mengen homöopathischer Arzneimittel für einen im gleichen Haus ansässigen Heilpraktiker hergestellt wurden. Da war´s um mich geschehen. Der tägliche Umgang mit der Homöopathie, vor allem aber die Gespräche mit den begeisterten Patienten des Heilpraktikers, ließen mich den Entschluss fassen es ihm gleich zu tun. Und so wurde ich vor nun bald 20 Jahren Heilpraktikerin und vor etwas mehr als 10 Jahren auch noch Tierheilpraktikerin – jeweils mit einer Zusatzausbildung in Homöopathie.

Mehr Informationen zum Thema gibt Tina von der Brüggen in ihrem Buch Naturheilverfahren für Hunde.